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MISSOURI Samstag 19:10

eine Band

Der protegierte Leser dieser Zeilen hat soeben das neue, vierte Missouri-Album erhalten und sollte nun am Besten auf das Lesen dieser Zeilen verzichten, um sich gleich - unbeeinflusst - der Musik zuzuwenden. Dies ist aus mehreren Gründen ratsam:

Erstens
Der Autor wird sich gleich verbal verrenken, um die Musik auf "Run With The People And Hunt With The Hare" treffend zu beschreiben, was ihm voraussichtlich nicht gelingen wird, weshalb es empfehlenswert erscheint, dass sich der Leser ein eigenes Bild macht, bevor er vorbelastet von den Bildern eines anderen an die Sache geht.

Zweitens
Es gibt zu diesem Album nicht viel zu sagen. Auch will dieses Album nicht viel sagen. Es will den Hörer lediglich zum Tanzen animieren, zum Klappehalten und Körperbewegen, zum stilvollen Sichgehenlassen. Augen zu und Arschwackeln. Es hat keine versteckten Botschaften, keinen Subtext oder so was. Die ersten drei Worte des ersten Liedes "Bloodflow" zeigen, wie’s steht: "It’s all about style." Nun mag der skeptische Leser denken: "Och, wie wenig, wie langweilig." Tut er dies, irrt er sehr. Es mag in so genannten Subkultur-Kreisen aus der Mode gekommen sein, Tanzmusik ihrer selbst willen zu machen. Es mag in Zeiten von Befindlichkeits-Pop unzeitgemäß wirken, Hedonismus zu fordern und zu leben in Musik und Gestus. Es mag auch befremdlich wirken, eine Pedal Steel über R’n’B-Rhythmen laufen zu lassen oder Frauen in Liedern mit raunender Stimme zum Beischlaf zu bitten. Missouri tun genau dies und mehr und wieder - wie immer - setzen sie sich weit ab und bewegen sie sich weit fort von dem, was man kennt - und auch von dem, was man bisher von Missouri kannte.
Man kann die Entwicklung dieser Gruppe aus Hamburg und Nürnberg mit der Entwicklung eines jungen Mannes vergleichen. Am Anfang war eine in Weltschmerz und Selbstmitleid ausklingende Adoleszenz, auf dem Debüt "It's a Glow-In-The-Dark Good Time" vertont mit wimmernden Gitarren, beinahe bewegungslosen Rhythmen und einer anklagend leidvollen Stimme. Das Zweitwerk "To The Darkened Corners Here We Go" war ein Aufrichten, ein Sichselbstfestigen im Fatalismus und ein musikalisches Rausfinden und Rausbrechen, was in düstren Elegien mündete, die jedem Jim Jarmusch-Film verschönert hätten. Vor einem Jahr erschien "In Voodoorama", und plötzlich waren da Beats, ein sich nach vorne schiebender Soul und Sex statt Selbstzerstörung. Und es war der Beginn einer Reise weg von der eigenen Befindlichkeit und hin zu einem neuen Selbstentwurf, zu einem neuen Leben, zu einer neuen Musik. Neu war zum Beispiel das Zusammensein von Soul-, Country-, Blues- und R’n’B-Elementen. Neu war der Drang zum bewegenden Rhythmus. Als hätte sich der traurige Tropf an der Bar aufgerichtet und den Fuß wippend, den Blick schweifend den Angriff geplant.
Auf "Run With The People And Hunt With The Hare" scheinen Missouri nun vollends frei. Man mag es Elektro-Soul nennen oder Deep-down-and-dirty-R’n’B oder Casio-Funk-Blues oder wie auch immer. Nur wird man nichts vergleichbares finden. Und vor allem wenig, was mit so viel Sicherheit und Stil daher kommt. "What comes up must come down", singt Sänger Red in "Up + Down", dazu ein sanft drückender Beat und ein funky Gitarren-Lick. Diese Lässigkeit in den Liedern ist eine durchs unbedingt gelebte Leben gewordene Lässigkeit. Hier wird Hedonismus gelebt, weil man die Selbstfixierung hinter sich hat und den Kopf frei. Das ist der an der Bar lehnende Typ mit den Leidensfalten um den Mund, der ohne um sich zu sehen mit seinem Drink in der Hand zur Tanzfläche schlendert. Das ist Michael Caine als Marvin Gaye. Discomusik für Existenzialisten. Geht nach vorn und dabei ganz tief rein. Was der Autor sagen will: Das neue Missouri-Album ist saucooler Scheiß.

Drittens
Platten-Promotexte sind mit größter Vorsicht zu genießen. Der mündige Hörer braucht niemanden, der ihn an die Hand nimmt. Der mündige Hörer braucht jedoch zur medialen Aufbereitung des Gehörten Fakten, die in diesem Fall die folgenden wären:

Missouri - die Besetzung
Red - Gesang, Keyboards
Frank Mollena - Gitarre, Beats
Christian Ebert - Orgel, Keyboard, Gesang
Carter Cain - Pedal Steel, Gesang, Gitarre, Beats
+ Patrick Göbel - Live Drums